Heiße Tage & schmelzende Profite: Die wirtschaftlichen Auswirkungen extremer Temperaturen

Heiße Tage & schmelzende Profite: Die wirtschaftlichen Auswirkungen extremer Temperaturen

Letzten Sommer fiel mir ein Artikel besonders auf. Er beschrieb den Bauboom zwischen San Antonio und Austin, Texas, und zitierte einen örtlichen Vorarbeiter, der miterlebte, wie Teammitglieder undeutlich sprachen, taumelten und aufgrund der Hitze das Bewusstsein verloren. Um die extremen Temperaturen auf der Baustelle zu bewältigen, ordnet er Ruhepausen im Schatten an, sobald jemand blass wird oder undeutlich spricht – unabhängig vom eigentlichen Pausenplan.

Obwohl es sicherlich sinnvoll ist, bei kognitiven Veränderungen eine Abkühlpause zu machen, war ich über die scheinbar beiläufige Erwähnung dieser Symptome überrascht – insbesondere das lallende Sprechen. Zusammen mit Bewusstlosigkeit sind dies klassische Anzeichen für einen Hitzschlag und ein Hinweis darauf, dass ein möglicherweise tödlicher medizinischer Notfall bevorsteht. Solche Situationen erfordern intensive Kühlmaßnahmen, die weit über eine einfache Pause im Schatten hinausgehen. Doch für Bautrupps auf heißen Baustellen wie in diesem Artikel scheinen Symptome eines drohenden Hitzschlags eher als übliche Sommergefahr angesehen zu werden – mit Sicherheit jedoch eine, deren Risiko stark unterschätzt wird.

 

Physiologie körperlicher Arbeit im Freien

Die vom menschlichen Körper erzeugte Wärme wird üblicherweise in Watt gemessen. Ein Watt ist eine Einheit für Leistung, also die Geschwindigkeit, mit der Energie verbraucht wird. Die meisten von uns sind mit Watt weniger vertraut, kennen aber Kalorien aus Lebensmitteln. Watt und Kalorien pro Stunde messen beide Leistung – nur in unterschiedlicher Skala, ähnlich wie km/h und mph beide Geschwindigkeit messen. Wenn ich beispielsweise jogge, verbrenne ich bei moderatem Tempo etwa 600 Kalorien pro Stunde und lege 5 Kilometer zurück – oder ich könnte sagen, ich habe rund 700 Watt aufgewendet.

Watt werden häufig auch zur Messung von Wärmeübertragung verwendet und sind deshalb in der Thermophysiologie nützlich, da bis zu 80 % der vom Menschen erzeugten Energie als Abwärme freigesetzt wird. Nur etwa 20 % werden tatsächlich für „nützliche“ Arbeit wie Bewegung genutzt.

Berufliche Tätigkeiten haben typische Wärmeproduktionswerte zwischen 250 und 450 Watt. Am höchsten ist die Energieabgabe bei landwirtschaftlicher Arbeit (~418 Watt im Schnitt), gefolgt von Bauarbeiten (~341 Watt) und Fertigung (~265 Watt). Zum Vergleich: Der Ruheumsatz eines Menschen liegt bei etwa 100 Watt.[1] Weltklasse-Athleten erreichen bei intensivem, dauerhaftem Einsatz bis zu 1.300 Watt – das entspricht rund 1.100 Kalorien pro Stunde.[2]

In einer Studie zu 325 beruflichen Tätigkeiten hatte „Arbeiten mit der Axt“ den höchsten Energieaufwand – mit entsprechend viel metabolischer Wärmeproduktion (relevant z. B. für Waldbrandbekämpfer). Tätigkeiten wie Schaufeln oder Lagerarbeit benötigen mittlere bis hohe Energieaufwendungen. Auffällig ist der hohe Energiebedarf bei der Postzustellung – ein möglicher Faktor bei den fast jährlich berichteten Hitzschlägen unter Postboten.

 

Reaktionen der Arbeitnehmer auf extreme Hitze

Die produzierte Wärme hängt stark von der Arbeitsintensität ab. Deshalb verlangsamen viele ihre Tätigkeit bei Hitze, machen mehr Pausen oder reduzieren das Arbeitstempo – ein Schutz vor Überhitzung. Solche Verhaltensanpassungen können jedoch durch Anreizsysteme unterdrückt werden – z. B. wenn Arbeiter leistungsbezahlt werden. Auch Polizisten reduzieren ihre Aktivität bei Hitze: An besonders heißen Tagen nimmt die Häufigkeit von Verkehrskontrollen deutlich ab.

Darüber hinaus beeinträchtigt Hitze die Produktivität durch reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit und schlechtere kognitive-motorische Funktion. Einfach gesagt: Niemand kann bei großer Hitze volle Leistung erbringen – oder nur für sehr kurze Zeit. Mehrere heiße Arbeitstage in Folge verschärfen das Problem. Eine Studie mit Elektrizitätsarbeitern zeigte, dass trotz längerer Pausen am zweiten heißen Tag sowohl die Körperkerntemperatur als auch der Dehydrierungsgrad höher lagen als am ersten Tag.

Andere Studien beziffern den durch Hitze verlorenen Arbeitszeitanteil. In Weinbergen beispielsweise verlängern sich „unregelmäßige Pausen“ an heißen Tagen deutlich – an den heißesten Sommertagen gehen rund 5 % der Arbeitszeit dadurch verloren. Mit jedem Temperaturanstieg um 1 °C (1,8 °F) verlängert sich die Pausenzeit um rund 1 %. Eine australische Studie berechnete für den besonders heißen Sommer 2013/14 einen Verdienstausfall von 655 US-Dollar pro Person (inflationsbereinigt über 900 USD) aufgrund von Fehlzeiten und Leistungseinbußen.

Dabei müssen die Temperaturen gar nicht extrem hoch sein, um die Produktivität zu senken. Körperliche Leistungsfähigkeit beginnt bereits bei über 20 °C (68 °F) zu sinken, und die Leistung fällt mit steigender Temperatur zunehmend schneller. Eine Studie zu Bauarbeiten ermittelte die „optimale Temperatur“ für maximale Arbeitsleistung bei etwa 25 °C (77 °F), während sie bei Ausdauersportlern bei rund 10 °C (50 °F) liegt.

Diese Temperaturschwellen erscheinen niedrig – schließlich empfinden wir 20 °C nicht als „heiß“. Doch da der Körper bereits ab dieser Temperatur zusätzliche Energie für die Kühlung aufwenden muss, steht diese Energie nicht mehr für die eigentliche Arbeit zur Verfügung. Besonders bei Bau- und Außenarbeiten sind Produktivitätsverluste deutlich, sobald 35 °C (95 °F) oder ein Feuchtkugelindex über etwa 28 °C (82 °F) überschritten werden.

Produktivitätsverluste entstehen nicht nur durch verlängerte Pausen. Auch die Unfallhäufigkeit steigt bei Hitze. Eine australische Studie stellte fest, dass die Zahl der Arbeitsunfälle während moderater bis starker Hitzewellen in Brisbane (mit ähnlichem Klima wie Tampa) um 45 % stieg. In gemäßigteren Städten stieg die Zahl immerhin um 25 %. Weitere Studien zeigen, dass das Unfallrisiko bei jedem Temperaturanstieg um 1 °C (1,8 °F) um bis zu 1 % steigt – vor allem bei jungen und körperlich stark belasteten Arbeitern.

 

Wirtschaftliche Effekte extremer Temperaturen

Man könnte meinen, die Wirtschaft wohlhabender Industrieländer wie der USA sei gegen Hitze gefeit. Der Yale-Ökonom William Nordhaus erklärte in seiner Nobelpreisrede, dass „stark gesteuerte“ Wirtschaftssektoren wenig Kosten durch steigende Temperaturen hätten. Viele Amerikaner arbeiten in klimatisierten Räumen solcher Sektoren – scheinbar wenig betroffen von Wetter oder Klimawandel.

Dennoch zeigen Daten eindeutig, dass Temperaturen selbst in den USA Einfluss auf die Wirtschaftsleistung haben. Im Bericht „Does the Environment Still Matter? Daily Temperature and Income in the United States“ stellt das NBER fest, dass extreme Hitze sowohl Produktion als auch Tageseinkommen signifikant senkt. Das widerspricht nicht Nordhaus' Arbeit – dieser betont selbst, dass stark gesteuerte Sektoren die Ausnahme sind, nicht die Regel. Die meisten Wirtschaftsbereiche – auch in den USA – lassen sich nicht vollständig gegen Umwelteinflüsse abschotten.

Wie stark beeinflusst Hitze das Einkommen des Einzelnen? Das NBER analysierte 40 Jahre US-Daten und stellte fest: An heißen Werktagen sinkt das Pro-Kopf-Einkommen deutlich. (Dass heiße Wochenenden keinen Einfluss haben, ist ein starkes Indiz für die temperaturbedingte Produktivitätsveränderung). Jeder Tag mit über 30 °C (86 °F) senkte das Tageseinkommen pro Kopf inflationsbereinigt um etwa 27 US-Dollar – mit besonders starken Einbußen an den heißesten Tagen.

Auch im großen Maßstab sind die Effekte messbar:
Hitzewellen haben einen nachweislich negativen Effekt auf das Wirtschaftswachstum. Studien der Federal Reserve Banks zeigen anschaulich, wie hohe Temperaturen das Wachstum dämpfen. Ein Bericht der Dallas-Filiale aus 2023 zeigt dies besonders deutlich (siehe Abbildung 1). Kaum überraschend: „Finanzdienstleistungen“ sind kaum betroffen – schließlich wird Banking klimatisiert oder online betrieben. „Bergbau“ hingegen leidet deutlich unter heißen Sommern – insbesondere in Texas. Denn obwohl Öl- und Gasprojekte in Büros finanziert werden, findet die Förderung im Freien statt – mit sinkender Produktivität bei Hitze.

Figure 1Abbildung 1: Auswirkungen hoher Sommertemperaturen auf das Beschäftigungswachstum nach Sektor (Federal Reserve Bank of Dallas)

Auch der 12. Bezirk der Federal Reserve – zu dem u. a. Phoenix, Arizona gehört – liefert ein Beispiel. Dort machen sogenannte „Frontline Workers“ ohne regelmäßigen Zugang zu Klimaanlagen rund 20 % der Arbeitskräfte aus. Diese verlieren derzeit rund 13 Arbeitstage pro Jahr aufgrund extremer Hitze – bis Mitte des Jahrhunderts dürfte diese Zahl auf über 40 steigen.

Auch international gibt es Messwerte: Die OECD – ein Zusammenschluss wirtschaftsstarker Länder – untersuchte die wirtschaftlichen Folgen extremer Hitze in 23 Industrieländern. Ergebnis: Zehn zusätzliche Tage mit über 35 °C (95 °F) haben denselben Effekt auf die Produktivität wie ein Anstieg der Energiepreise um 5 %. Eine Hitzewelle von fünf Tagen hat nahezu denselben Effekt. Besonders betroffen sind kleinere Unternehmen.

 

Kühle Lösungen für heiße Produktivität

Auch pessimistische Berichte wie der der OECD beinhalten Hoffnung: Resilienzmaßnahmen können hitzebedingte Produktivitätsverluste abmildern. Solche Maßnahmen beinhalten z. B. angepasste Arbeitszeiten – Arbeiten in den kühleren Tagesstunden. Das ist jedoch nicht immer möglich. Vorgeschriebene Kühl- und Trinkpausen sowie schattige Pausenräume sind weitere Anpassungen. Wenn auch das nicht ausreicht, müssen persönliche Lösungen – wie Kühlwesten – in Betracht gezogen werden.

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Über den Autor: Dr. Erik Patton promovierte an der Duke University, wo er zu den Herausforderungen forschte, die steigende Temperaturen für die militärische Ausbildung mit sich bringen. Als Veteran der US-Armee war Erik in zahlreichen extremen Klimazonen im Einsatz – von Wüsten im Südwesten der USA und im Nahen Osten (49 °C) bis zu arktischen Bedingungen in Zentralalaska (–41 °C).

[1] Die Wärmeproduktion im Ruhezustand hängt von Körpergröße und -masse ab, aber 100 Watt sind ein realistischer Durchschnittswert.

[2] Tour-de-France-Fahrer gelten als Paradebeispiel für Athleten, die dauerhaft so hohe Leistungen erbringen können – insbesondere in bergigem Gelände.

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