Hitze und der Athlet

Hitze und der Athlet

Die besten Spitzensportler der Welt traten kürzlich bei den Olympischen Sommerspielen 2024 an. In diesem Jahr hatten die Athleten es neben dem Wettbewerb auf Weltklasseniveau auch mit extremer Hitze zu tun. Die Temperaturen in Paris erreichten während der Spiele 36,1 °C (97 °F), während Veranstaltungen im Süden Frankreichs noch extremere Bedingungen aufwiesen – bis zu 40,6 °C (105 °F). Die extreme Hitze führte bei einigen Veranstaltungen zu Sicherheitsänderungen, wobei Tennisspieler längere Pausen zwischen den Sätzen erhielten und Dressurreiter ihre Aufwärmroutinen verkürzen mussten, um ihre Pferde zu schützen. Fast durchweg sinkt die sportliche Leistung bei Hitze; die Leistung kann bis zu 20 % schlechter sein als die persönliche Bestleistung eines Athleten.[1] Auf der Suche nach einem Vorteil trugen einige Segler während des Wettkampfs Eiswesten, während sich Beachvolleyballspieler zwischen den Spielzügen mit Eisbeuteln abkühlten. Auf nahezu allen Ebenen des Sports – von den Olympischen Spielen bis zur High School – sehen sich Veranstalter gezwungen, neue Kühlmethoden zu entwickeln, um die Teilnehmer vor Hitzeschäden zu schützen. 

Die meisten von uns werden nie auf Weltklasseniveau antreten, aber Freizeitsportler können viel von den Olympioniken lernen – wie sie trainieren, konkurrieren und bei Hitze sicher bleiben. Wissenschaftler des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) erstellen einen offiziellen Leitfaden zur Optimierung der Leistung und zur Reduzierung des Risikos hitzebedingter Verletzungen. Diese Empfehlungen werden häufig in Hitzeschutzrichtlinien übernommen, die von Profiligen, Universitätskonferenzen, Freizeit- und Highschool-Sportprogrammen erlassen werden.

Dieser Artikel untersucht Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit hitzebedingter Verletzungen bei Sportlern erhöhen, und verweist dabei auf die Olympischen Spiele, um zu veranschaulichen, wie sich Hitze selbst auf höchstem Wettbewerbsniveau auf Wettkämpfe und die Sicherheit der Athleten auswirkt. Zuerst betrachten wir die individuellen Faktoren, die das Risiko erhöhen können. Im zweiten Teil werfen wir einen kurzen Blick auf einige Faktoren außerhalb der Kontrolle des Athleten.

Individuelle Risikofaktoren bei Sportlern

Jeder Athlet ist einzigartig; nicht alle Menschen reagieren gleich auf alle Risikofaktoren. Studien, die unter gleichen Umweltbedingungen durchgeführt wurden (wie z. B. verschiedene Personen im selben Rennen), zeigen, dass die Körperkerntemperatur der Athleten stark variieren kann. Zu den individuellen Risikofaktoren für Hitzeschäden bei Sportlern gehören offensichtliche wie Übergewicht, Dehydrierung, fehlende Akklimatisierung an die Hitze oder schlechte körperliche Verfassung (z. B. zu Beginn der Saisonvorbereitung). Es gibt aber auch überraschende Risikofaktoren – Motivation, Medikamente sowie Krankheiten oder Infektionen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.

Körperzusammensetzung:
Risiken durch die Körperzusammensetzung treten in zwei Formen auf. Erstens haben Personen mit einem höheren Body-Mass-Index (BMI), d. h. übergewichtige Sportler, größere Schwierigkeiten, Wärme abzuleiten als schlankere Vergleichspersonen. Dies gilt selbst für allgemein fitte Bevölkerungsgruppen. Studien mit Rekruten des Marine Corps zeigen beispielsweise, dass ein höherer BMI direkt mit einem höheren Risiko für Hitzeschäden während des Trainings korreliert. Unabhängig vom BMI speichern Personen mit einem größeren Verhältnis von Körpermasse zu Oberfläche mehr Wärme – besonders bei heißen und feuchten Bedingungen. Bei sonst gleichen Voraussetzungen hat eine größere, schlankere Person einen Vorteil gegenüber einer korpulenten Person, selbst wenn beide gleich fit sind, weil erstere mehr Hautoberfläche zur Wärmeabgabe hat. Im Football ist die Körperzusammensetzung der Hauptgrund dafür, dass starke, aber schwere Linemen eher von Hitzeschäden betroffen sind als Spieler anderer Positionen.

Dehydrierung:
Die meisten Sportler wissen, dass ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig ist, aber bei heißen Bedingungen ist sie essenziell für Leistung und Sicherheit. Die Leistungsfähigkeit nimmt bei Hitze schneller ab als bei kühlen Bedingungen – selbst bei gleichem Dehydrierungsgrad. Es wird geschätzt, dass die aerobe Leistungsfähigkeit eines dehydrierten Athleten pro zusätzlichem Grad Celsius über 28,9 °C (84 °F) um bis zu 1,6 % sinkt. Dehydrierung verringert auch das Blutvolumen, wodurch die Wärme langsamer von arbeitenden Muskeln zur Hautoberfläche transportiert werden kann; dehydrierte Athleten haben eine höhere Herzfrequenz, wobei pro Herzschlag weniger Blut gepumpt wird. Schätzungen zufolge sinkt das pro Schlag gepumpte Blutvolumen bei dehydrierten Athleten um bis zu 30 %.

Fehlende Akklimatisierung:
Die Hitzekonditionierung ist die effektivste Methode, mit der sich Sportler auf Wettbewerbe in heißen Umgebungen vorbereiten können. Studien zeigen, dass mehr als die Hälfte der Spitzenausdauersportler spezielle Hitzetrainingspläne haben; jene, die eine solche Vorbereitung einbeziehen, erzielen häufig bessere Leistungen als ihre Konkurrenten. (Ein späterer Blogartikel wird sich ausführlich mit Hitzekonditionierung befassen.)

Motivation:
Das American College of Sports Medicine stellt fest, dass hoch motivierte Personen tendenziell am härtesten trainieren und konkurrieren. Sie produzieren viel Stoffwechselwärme und ignorieren oft Warnzeichen für Hitzeschäden. Sportler reagieren auf Anweisungen von Trainern und den Druck von Teamkollegen, härter zu kämpfen oder schneller zu laufen, und die meisten haben einen inneren Drang zur Höchstleistung. Das macht sie anfälliger für hitzebedingte Verletzungen. Während der Olympischen Spiele in Tokio brachen 24 Marathon- und Geher-Wettkämpfer wegen Hitzeschäden den Wettkampf ab. Die spanische Tennisspielerin Paula Badosa musste sich nach ihrem ersten Match bei extremer Hitze im Rollstuhl zur medizinischen Versorgung wegen Hitzschlags zurückziehen.


Medikamente:
Einige Medikamente erhöhen das Risiko für Hitzeschäden. Viele dieser Arzneimittel kommen bei Spitzensportlern nicht häufig vor (z. B. Medikamente zur Blutdruckkontrolle), können aber von Freizeitsportlern verwendet werden. Eine Studie ergab, dass eine Medikamentenklasse zur Behandlung von ADHS mit einem erhöhten Risiko für Hitzeschäden bei Militärrekruten in Verbindung steht. Das Center for Disease Control listet 22 Arzneimittelklassen, die als risikosteigernd für hitzebedingte Erkrankungen gelten.

Infektionen:
Die Rolle von Infektionen, z. B. einer Erkältung, als Risikofaktor für Hitzeschlag mag überraschen, beruht jedoch auf einem einfachen physiologischen Prinzip: Während einer Infektion ist die Körpertemperatur meist leicht erhöht, um die Abwehrkräfte zu unterstützen. Da die Körperkerntemperatur nur leicht ansteigen kann, bevor ein Hitzeschlag droht, verkleinert sich bei infizierten Sportlern der Spielraum für zusätzliche Wärmespeicherung. Als Richtwert gilt: 40 °C (104 °F), also 5,4 Grad über der normalen Körpertemperatur von 37 °C (98,6 °F), ist die Grenze für einen klinischen Hitzeschlag. Ein Sportler mit leichter Infektion hat möglicherweise schon zu Beginn des Wettkampfs eine erhöhte Körpertemperatur – und damit ein kleineres Sicherheitsfenster. Ein leichtes Fieber von 37,8 °C (100 °F) hält einen motivierten Läufer womöglich nicht vom Wettkampf ab, reduziert aber den Spielraum bis zur gefährlichen Überhitzung deutlich.


Risikofaktoren außerhalb der Kontrolle des Athleten

Einige Risikofaktoren für Hitzeschäden liegen außerhalb der Kontrolle des Sportlers. Die Umwelt spielt hierbei eine große Rolle – obwohl Hitzeschäden auch bei relativ kühlen Temperaturen auftreten können, ist die Wahrscheinlichkeit bei heißen (insbesondere heißen und feuchten) Bedingungen deutlich höher. Selbst bei ähnlichen Sportarten (z. B. Laufwettbewerben) können sich je nach Distanz unterschiedliche Risiken ergeben – teils auf unerwartete Weise. Auch die Jahreszeit der Sportveranstaltung sowie der Trainingsplan haben Einfluss, ebenso wie die Art und Menge der vorgeschriebenen Schutzausrüstung.

Rolle der Umwelt:
Dieser Risikofaktor ist leicht nachvollziehbar – bei Hitze fällt es dem Körper schwerer, Wärme abzugeben. Bei gleichem körperlichen Einsatz erzielen Sportler in kühleren Bedingungen typischerweise bessere Leistungen – sowohl aus physiologischen Gründen (z. B. weniger Blutfluss zur Haut zur Wärmeabgabe nötig) als auch aus psychologischen Gründen (z. B. ein natürlicher Schutzmechanismus, bei Hitze das Tempo zu reduzieren, um einen Hitzschlag zu vermeiden). Zahlreiche medizinische Studien belegen den Einfluss hoher Temperaturen auf die Leistung: Laufzeiten steigen bei Strecken über 400 m an, die Leistungsabgabe beim Radfahren sinkt. Selbst bei Weltmeisterschaften laufen Fußballspieler bei Hitze weniger und sprinten langsamer.

Sportart:
Bei manchen Sportarten besteht ein höheres Risiko für Hitzeschäden. Bei den Olympischen Spielen in Tokio traten über die Hälfte der hitzebedingten Erkrankungen während Marathon- und Geherwettkämpfen auf. Diese Disziplinen sind lang genug, um eine erhöhte Körperkerntemperatur zu verursachen, und kurz genug, um dauerhaft hohe Anstrengung aufrechtzuerhalten. Weitere Sportarten mit hohem Hitzeschaden-Risiko sind Radfahren, längere (>800 m) Leichtathletik-Disziplinen und Tennis. Überraschenderweise ist das Risiko bei sehr langen Wettbewerben oft geringer. Ultramarathonläufer erleiden seltener Hitzeschläge als Marathonläufer, da die körperliche Belastung über lange Dauer nicht hoch genug gehalten werden kann, um gefährliche Wärmemengen zu erzeugen. Abgesehen von sehr kurzen Wettkämpfen hängt das Risiko für Hitzeschäden stärker von der Intensität als von der Dauer der Anstrengung ab.[2]

Sportzeit & Trainingsplan:
Organisatorische Planung wird zunehmend als wichtiger Faktor zur Vermeidung von Hitzeschäden anerkannt. Der Zeitpunkt der Sport-Saison beeinflusst das Risiko, besonders in der Vorbereitung. Über die Hälfte der Hitzeschäden im College-Football ereignen sich während der ersten fünfzehn Trainingseinheiten, die meisten davon am zweiten Tag. Die Vorbereitung findet typischerweise im Spätsommer statt, wenn es heiß ist, und die Sportler sind noch nicht akklimatisiert.

Schutzausrüstung:
Schutzausrüstung behindert die Wärmeabgabe – wenig überraschend. In Sportarten wie American Football sind etwa 70 % der Hautoberfläche mit Polsterungen oder Uniformen bedeckt. Studien zeigen einen direkten Zusammenhang zwischen dem Umfang der getragenen Ausrüstung und der Geschwindigkeit, mit der die Körperkerntemperatur während körperlicher Betätigung steigt. Auch andere Outdoor-Sportarten mit Schutzkleidung, wie Lacrosse, erhöhen die Körperkerntemperatur der Sportler.


Hitzeschutzrichtlinien im Sport

Hitzebedingte Erkrankungen und deren Vermeidung werden zunehmend von Sportorganisationen auf allen Ebenen berücksichtigt. Wie bereits in der Einleitung erwähnt, gibt das IOC Empfehlungen für den Hitzeschutz bei Olympioniken. In manchen Fällen wird der Wettbewerb bei zu extremen Bedingungen sogar unterbrochen, wie etwa bei den Australian Open im Tennis. Auch die NFL (National Football League) verfügt über hitzebezogene Richtlinien für Trainingseinheiten. Diese Richtlinien wurden in Zusammenarbeit mit dem Korey Stringer Institute entwickelt – einer Forschungs- und Aufklärungsorganisation, die nach dem Tod des Minnesota-Vikings-Spielers Korey Stringer an einem Hitzschlag im Jahr 2001 gegründet wurde. Auch die National Athletic Trainers’ Association sowie das American College of Sports Medicine haben Stellungnahmen zur Prävention und Behandlung von Hitzeschäden bei Athleten veröffentlicht. In den meisten US-Bundesstaaten gibt es Richtlinien zum Hitzeschutz im Schulsport, jedoch unterscheiden sich Umfang und Durchsetzung erheblich.

Athleten sehen sich mit einer Vielzahl von Risikofaktoren konfrontiert, die bei Training oder Wettkampf zu hitzebedingten Verletzungen führen können. Dieser Artikel bietet einen kurzen Überblick über einige dieser Risikofaktoren; nicht jeder Sportler ist allen (oder auch nur den meisten) dieser Risiken ausgesetzt. Doch in einer zunehmend wärmeren Welt kann das Verständnis für ihre Rolle und mögliche Gegenmaßnahmen einen echten Wettbewerbsvorteil bringen.


Über den Autor: Erik ist Doktorand an der Duke University, wo er zu den Herausforderungen forscht, die steigende Temperaturen für das Militärtraining darstellen. Als Veteran der US-Armee war Erik in verschiedenen extremen Klimazonen im Einsatz – von Wüsten im Südwesten der USA und dem Nahen Osten (49 °C / 120 °F) bis zu arktischen Bedingungen in Zentralalaska (−41 °C / −42 °F).

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[2] Ja, fast niemand hält Ultramarathons für weniger „intensiv“ als Marathons – außer im Zusammenhang mit der Thermoregulation!

[1] Es gibt Hinweise darauf, dass für Disziplinen mit sehr kurzer, explosiver Anstrengung (z. B. 200 m Sprint) warme Bedingungen die Leistung fördern. Der Effekt wird jedoch meist anhand eines Temperatur-Grenzwerts beurteilt, nicht bei Extremhitze untersucht; das IOC verwendet z. B. die Grenze von 25 °C (77 °F), um zu zeigen, dass sportliche Leistungen oberhalb dieses Werts tendenziell abnehmen.

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